Jeder würde wohl von sich behaupten, schon einmal in einen Konflikt verwickelt gewesen zu sein. Dass in der menschlichen Kommunikation nicht immer alles glatt läuft und unterschiedliche Meinungen oder Interessen aufeinanderprallen, ist alltäglich. Mal lässt sich schneller eine Konfliktlösung herbeiführen und mal kann der Prozess eine Weile dauern. Gerade im Berufsalltag ist daher ein professionelles Konfliktmanagement enorm wichtig, um Uneinigkeiten aus dem Weg zu räumen und Arbeitsprozesse nicht zu blockieren. Auch für die Aufrechterhaltung einer angemessenen Arbeitsatmosphäre ist die Konfliktbewältigung oder -verhinderung essenziell. Aber was unterscheidet eigentlich einen Konflikt von einem Streit oder einer Auseinandersetzung und was sind die Ursachen für seine Entstehung?
Zieht man das deutsche Wörterbuch zu Rate, lässt sich ein Konflikt per Definition von einem Streit oder einer Auseinandersetzung abgrenzen. Der Streit wird dort beschrieben als „heftiges Sichauseinandersetzen, Zanken“ in erregtem Zustand. Dies kann sowohl verbal als auch physisch gemeint sein. Die Auseinandersetzung wird vielmehr definiert als eine Art Diskussion, also ein Streit auf rein verbaler Ebene zwischen mehreren Parteien. Der Konflikt hingegen hebt sich vor allem dadurch ab, dass das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Meinungen und Interessen im Vordergrund steht, aus dem eine schwierige Situation entsteht, die bei ausbleibender Konfliktbewältigung zum Zerwürfnis führen kann. Wichtig hierbei ist jedoch, dass nur von einem Konflikt gesprochen wird, wenn die diversen Interessen, Auffassungen, Ziele oder Wertvorstellungen von Personen in Gestalt von Konfliktparteien aufeinandertreffen. Geschieht dies nicht, ist lediglich die Rede von einer Meinungsverschiedenheit. Entstanden ist der Begriff aus dem lateinischen „conflictus“, was so viel wie „Aneinanderschlagen, Zusammenstoßen“, heißt.
Konflikte können äußerst variabel ausfallen, sind jedoch meist auf eine gewisse Grundstruktur zurückzuführen, die aus drei Komponenten besteht:
Zudem kann die Konfliktanalyse stets auf die „Wer?“, „Was?“ und „Wie?“- Fragen zurückgeführt werden:
Oft ist den Konfliktparteien gar nicht klar, warum sich die Gegenpartei auf gewisse Weise verhält, da ein Unwissen über die jeweilige Position besteht. Dies kommt nicht zuletzt
auch dadurch zustande, dass eigene Ziele und Wünsche nicht offen gezeigt werden. Dies bietet einen Nährboden für Spekulationen und Unsicherheit. Gerade in emotional geladenen Konflikten ist eine Konfliktlösung daher schwer herbeizuführen. Durch die komplexen Einflüsse von unterschiedlichen Konfliktwahrnehmungen, auseinandergehenden Erwartungshaltungen und variierender Kommunikationsstärke, halten die beteiligten Personen und Subsysteme somit den Konflikt oftmals selbst aufrecht. Genauso können sie aber auch auf diese Weise eine Eskalation verhindern oder an der Konfliktbewältigung mitwirken.
Konflikte stellen eine große Belastung der Arbeitsatmosphäre dar und wirken sich negativ auf den Betriebsalltag aus. Nichtsdestotrotz können diese zwischenmenschlichen Unstimmigkeiten auch einen positiven Charakter haben: Durch Konfliktgespräche und die aktive Auseinandersetzung mit bestimmten Themen können Lern- und Veränderungsimpulse angestoßen und ein Wandel herbeigeführt werden. Hier kommt das Konfliktmanagement ins Spiel. Zusammengefasst werden in diesem alle Maßnahmen und Prozesse, die zur Konfliktvermeidung oder Konfliktlösung beitragen. Durch adäquates Konfliktmanagement in einem Unternehmen können ausgetragene Meinungsverschiedenheiten, durch beispielsweise Interessenausgleiche oder Kompromisse, bewältigt werden und so das Aufkommen eines Konflikts oder eine Konflikteskalation verhindert werden.
Konflikte können auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sein. Zu Grunde liegen jedoch meist sich voneinander unterscheidende Vorstellungen zu Zielen, Einstellungen, Werten oder Annahmen. Diese können beispielsweise zwischen Fachabteilungen eines Betriebs auftreten, zwischen Kollegen oder zwischen unterschiedlichen Hierarchieebenen. Nicht selten kommt es beispielsweise zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern zu Kontroversen bezüglich der Lohnverteilung oder Überstunden. Auch die Altersspanne der Arbeitskollegen kann Konfliktpotential bereit halten durch das Aufeinandertreffen von traditionellen und postmaterialistischen Grundvorstellungen.
Bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Eskalation von Konflikten spielen auch die persönlichen Eigenschaften der Konfliktparteien eine entscheidende Rolle, die das Konfliktpotential und das Konfliktverhalten maßgeblich beeinflussen können. Entscheidende Eigenschaften im Arbeitskontext sind beispielsweise:
Oftmals wäre die Entstehung eines Konflikts vermeidbar, wenn mehr Wert auf die qualitative als auf die quantitative Informationsbereitstellung gelegt werden würde. Konflikte lassen sich nämlich oft auf Kommunikationsdefizite zurückführen, die zu Missverständnissen und unterschiedlichem Wissenstand führen, was Konfliktpotential bereithält. Durch die Digitalisierung ist es einfach jeden Mitarbeiter per Mail mit einem Schwall von Informationen zu überhäufen, was zu Überforderung führt und der Schwierigkeit, Relevantes von Irrelevantem zu trennen. Auch Sachzwänge und strukturelle Aspekte, wie die Verteilung von Ressourcen oder das Belohnungs- und Beförderungssystem, können zu Konflikten führen. Eine dadurch verursachte Unzufriedenheit des Teams oder einzelner Mitarbeiter lässt eine Atmosphäre entstehen, die Konflikte begünstigen kann.
Im Allgemeinen kann aber festgehalten werden, dass Konflikte stets multifaktoriell bestimmt sind und sowohl durch persönliche Eigenschaften und unvereinbare Vorstellungen als auch individuelle Umstände begünstigt und beeinflusst werden.
Je nach Grundlage der Konfliktentstehung lassen sich unterschiedliche Konfliktarten definieren, die sich bezüglich des Konfliktgegenstandes und der Ursache voneinander abgrenzen lassen:
Neben dieser Grundeinteilung von Konfliktarten lässt sich jeder Konflikt zudem nochmals für sich definieren:
Offen vs. Verdeckt
Wird der Konflikt eher offen ausgetragen, ist er nach außen klar erkennbar. Verdeckte Konflikte finden im Verborgenen statt, sodass sich teilweise selbst die Konfliktparteien dessen Existenz nicht bewusst sind.
Heiß vs. Kalt
Heiße Konflikte beinhalten aktives und reaktives Verhalten, was sich beispielsweise durch hitzige Wortgefechte äußern kann. Kalte Konflikte hingegen sind intimer und durch Zurückhaltung der Konfliktparteien gekennzeichnet.
Organisiert vs. Unorganisiert
Organisierte Konflikte beruhen auf gewisser Planung und folgen Richtlinien. Meist übernimmt hierbei auch jemand die Führungsposition, wie beispielsweise bei Streiks oder Demonstrationen. Unorganisierte Konflikte hingegen sind nicht geplant und treten plötzlich auf.
Formgebunden vs. Informell
Formgebundene Konflikte werden meist mit Hilfe von Institutionen ausgetragen, wie beispielsweise eine Schlichtungsstelle vor Gericht. Informelle Konflikte weisen diesen äußeren Rahmen nicht auf.
Nicht nur die Konflikte untereinander lassen sich voneinander abgrenzen, sondern auch der einzelne Konflikt kann in unterschiedliche Ebenen aufgeteilt werden. Ganz grob werden zunächst manifeste und latente Konflikte unterschieden:
manifest | latent |
Die Konfliktparteien sind sich sowohl der Auseinandersetzung als auch der Ebene bewusst. | Die Entstehung eines Konflikts bahnt sich an und erste Anzeichen sind bereits erkennbar, jedoch sind sich die Konfliktparteien dessen noch nicht vollbewusst. |
Eine bekannte Art der Konfliktanalyse ist das Konfliktdreieck nach Johan Galtung, das aus drei wesentlichen Komponenten besteht, sowie den Konflikt auf eine sichtbare und eine unsichtbare Ebene aufteilt:
Im sichtbaren Bereich des Konflikts steht stets das Verhalten der Konfliktparteien. Annahmen und Haltungen sowie Interessen und Ziele liegen jedoch meist im unsichtbaren Bereich. Die verschiedenen Komponenten sind keinesfalls voneinander unabhängig, sondern stehen in einem sich wechselseitig verstärkenden Zusammenhang in Verbindung. Ein Konflikt ist somit durch ein komplexes Interaktionsgeschehen gekennzeichnet. Interessant herauszustellen ist zudem, dass selbst bei Unvereinbarkeiten in allen drei Komponenten nicht die Entstehung eines Konflikts gegeben sein muss. Diese wird erst durch die persönliche Wahrnehmung und das Handeln der beteiligten Personen ausgelöst. Empfindet eine Partei das Verhalten oder die Annahmen der Gegenseite für störend oder inakzeptabel, kommt es zu einem Konflikt.
Um eine Konfliktlösung herbeiführen zu können, ist es unabdinglich, zunächst eine Konfliktanalyse durchzuführen, bei der die Ursachen des Konflikts geklärt, Ziele festgelegt und Lösungsansätze zusammengestellt werden. Hierbei ist es wichtig, die zwei Seiten des Konflikts zu erarbeiten, denn jeder Konflikt besteht aus einer sachlichen und einer emotionalen Seite. Der sachliche Aspekt ist meist recht leicht aus der Welt zu schaffen durch Konfliktgespräche und eine Überprüfung der Sachlage. Der emotionale Aspekt ist jedoch meist der Faktor, an dem die Konfliktbewältigung scheitert, da diese nicht auf der rationalen Ebene ausgeführt wird, sondern durch Gefühle beeinflusst wird. Im Konfliktmanagement muss daher besonders bei der Klärung dieser Seite interveniert werden.
Allgemein haben sich jedoch einige Konfliktlösungsmodelle als erfolgreich erweisen können:
KULT-Modell
Harvard-Methode des sachbezogenen Verhaltens
Der Harvard Methode liegen vier Prinzipien zugrunde:
Konfliktgespräche
Klärungsgespräche zwischen den Parteien und ggf. Führungspersonen/ Vorgesetzte
Mediation
Konfliktgespräche werden von einem Moderator begleitet, der sich allerdings nicht aktiv in die Bewältigung mit einbringt.
Supervision
Konfliktgespräch inklusive dritter, außenstehender Partei, die aktiv an einer Konfliktlösung mitarbeitet.
Durch die oben aufgeführten Konfliktlösungsstrategien lässt sich eine Konflikteskalation verhindern und eine entspannte Arbeitsatmosphäre wiederherstellen. Die Lösung eines Konflikts bedeutet jedoch nicht gleich, dass jede Partei dadurch gewinnt. Je nach den gegebenen Möglichkeiten kann es zu verschiedenen Ausgangsszenarien kommen:
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Konflikte sowohl negatives als auch positives Potential besitzen, indem sie die Arbeitsatmosphäre und Produktivität senken können, aber zugleich auch Anstoß für Wandel geben können. Durch professionelles Konfliktmanagement und der einhergehenden Konfliktanalyse können Uneinigkeiten beiseitegelegt und mit Hilfe von erwiesenen Lösungsansätzen einer Eskalation des Konflikts entgegengewirkt werden.