Das Lehrgespräch der AEVO

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ein Ausbilder sitzt während eines Lehrgesprächs mit zwei Auszubildenden an einem Tisch

Was ist das Lehrgespräch der AEVO?

Das Lehrgespräch ist eine zentrale didaktische Methode in der beruflichen Bildung und ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildereignungsverordnung (AEVO). Es handelt sich um eine strukturierte Form der verbalen Interaktion zwischen Ausbilder und Auszubildenden, die darauf abzielt, Wissen gemeinsam zu erarbeiten, statt es einfach zu vermitteln. Im Gegensatz zum klassischen Frontalunterricht steht beim Lehrgespräch der Dialog im Mittelpunkt, wobei der Ausbilder durch gezielte Fragen den Lernprozess lenkt und die Auszubildenden zur aktiven Mitarbeit anregt.

Die AEVO regelt die berufs- und arbeitspädagogische Eignung von Ausbildern in Deutschland und ist Voraussetzung für den Erwerb des Ausbildereignungsscheins (AdA-Schein). Der AdA-Schein wiederum befähigt dazu, offiziell als Ausbilder in einem Unternehmen tätig zu sein und Auszubildende zu betreuen. Die Beherrschung verschiedener didaktischer Methoden, darunter das Lehrgespräch, ist ein wesentlicher Teil der AEVO-Prüfung und somit für angehende Ausbilder von großer Bedeutung.

Das Lehrgespräch folgt dem Grundprinzip der sokratischen Methode, bei der durch geschicktes Fragen bereits vorhandenes Wissen aktiviert und neues Wissen gemeinsam entwickelt wird. Der Ausbilder übernimmt dabei die Rolle eines Moderators, der den Gesprächsverlauf strukturiert und durch gezielte Impulse in die gewünschte Richtung lenkt. Die Auszubildenden werden zu Mitgestaltern ihres eigenen Lernprozesses, indem sie aktiv nachdenken, Zusammenhänge herstellen und eigene Gedanken formulieren.

Im Kontext der AEVO ist das Lehrgespräch besonders wertvoll, da es nicht nur fachliches Wissen vermittelt, sondern gleichzeitig wichtige überfachliche Kompetenzen wie kommunikative Fähigkeiten, kritisches Denken und Problemlösungskompetenz fördert. Es entspricht damit dem ganzheitlichen Bildungsansatz der modernen Berufsausbildung, der über die reine Vermittlung von Fachwissen hinausgeht.

Das Lehrgespräch detailliert erklärt

Das Lehrgespräch der AEVO ist eine komplexe didaktische Methode, die vom Ausbilder eine sorgfältige Planung und Durchführung erfordert. Im Kern besteht es aus einem gelenkten Dialog, der durch Fragen und Impulse des Ausbilders strukturiert wird und die Auszubildenden Schritt für Schritt zu neuen Erkenntnissen führt.

Phasen des Lehrgesprächs

Ein typisches Lehrgespräch gliedert sich in mehrere Phasen:

Einstiegsphase

Die Einstiegsphase dient dazu, das Interesse der Auszubildenden zu wecken und an ihr Vorwissen anzuknüpfen. Der Ausbilder kann hierfür eine interessante Fragestellung, ein praxisnahes Problem oder ein anschauliches Beispiel aus dem Berufsalltag nutzen.

Beispiel: Ein Ausbilder im KFZ-Bereich könnte ein Lehrgespräch zum Thema "Fehlerdiagnose bei elektrischen Systemen" mit der Frage einleiten: "Stellt euch vor, ein Kunde kommt in die Werkstatt und berichtet, dass sein Fahrzeug morgens nicht mehr anspringt, nachmittags aber problemlos. Was könnten mögliche Ursachen sein?" Diese offene Frage aktiviert das Vorwissen der Auszubildenden und schafft einen direkten Bezug zur beruflichen Praxis.

Erarbeitungsphase

In der Erarbeitungsphase wird das eigentliche Thema schrittweise entwickelt. Der Ausbilder stellt gezielte Fragen, die die Auszubildenden zum Nachdenken anregen und sie in eine bestimmte Richtung führen. Die Antworten der Auszubildenden werden aufgegriffen, gegebenenfalls korrigiert oder ergänzt und für den weiteren Gesprächsverlauf genutzt.

Beispiel: In der Fortsetzung des KFZ-Beispiels könnte der Ausbilder nachfragen: "Welche elektrischen Komponenten sind am Startvorgang beteiligt?" und später: "Wie könnten Temperaturunterschiede zwischen Morgen und Nachmittag die Funktion dieser Komponenten beeinflussen?" Durch diese gezielten Fragen leitet er die Auszubildenden systematisch zur Erkenntnis, dass möglicherweise ein temperaturabhängiger Defekt in der Batterie oder im Anlasser vorliegt.

Sicherungsphase

In der Sicherungsphase werden die erarbeiteten Inhalte zusammengefasst, strukturiert und gefestigt. Dies kann durch gemeinsame Wiederholung, schriftliche Fixierung oder praktische Anwendung erfolgen.

Beispiel: Der Ausbilder könnte die Erkenntnisse aus dem Lehrgespräch an der Tafel in Form eines Diagnoseschemas zusammenfassen lassen oder die Auszubildenden bitten, in eigenen Worten zu erklären, wie sie bei einem temperaturabhängigen elektrischen Problem systematisch vorgehen würden.

Fragetechniken im Lehrgespräch

Der Erfolg eines Lehrgesprächs hängt maßgeblich von der Qualität der gestellten Fragen ab. Folgende Fragetechniken haben sich bewährt:

Offene Fragen

Offene Fragen können nicht mit einem einfachen "Ja" oder "Nein" beantwortet werden, sondern erfordern eine ausführlichere Antwort. Sie fördern das eigenständige Denken und eröffnen Raum für verschiedene Perspektiven.

Beispiel: "Wie würden Sie vorgehen, um die Ursache eines Kurzschlusses in einer elektrischen Anlage zu lokalisieren?"

Gezielte Fragen

Gezielte Fragen fokussieren die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte oder Zusammenhänge und helfen, das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Beispiel: "Welche Rolle spielt der Laderegler bei der Batteriepflege eines Fahrzeugs?"

Impulsfragen

Impulsfragen regen zum Nachdenken an und können den Gesprächsverlauf in Gang bringen oder neu beleben.

Beispiel: "Stellen Sie sich vor, Sie müssten einem Kunden erklären, warum regelmäßige Wartungen wichtig sind – welche Argumente würden Sie anführen?"

Rückfragen

Rückfragen greifen Äußerungen der Auszubildenden auf und vertiefen diese. Sie signalisieren Interesse und fördern die präzise Formulierung von Gedanken.

Beispiel: "Sie haben erwähnt, dass Feuchtigkeit ein Problem sein könnte. Können Sie genauer erläutern, wie Feuchtigkeit in diesem Fall wirkt?"

Gesprächsführung im Lehrgespräch

Neben der Fragestellung ist die allgemeine Gesprächsführung entscheidend für den Erfolg eines Lehrgesprächs:

Aktives Zuhören

Der Ausbilder sollte den Auszubildenden aufmerksam zuhören, ihre Beiträge wertschätzen und auf diese eingehen. Durch Nicken, Blickkontakt und bestätigende Kommentare signalisiert er Interesse und Wertschätzung.

Beispiel: Ein Auszubildender erklärt seine Überlegungen zur Fehlersuche. Der Ausbilder hält Blickkontakt, nickt zustimmend und fasst anschließend zusammen: "Sie haben also festgestellt, dass zunächst die Spannungsversorgung überprüft werden sollte. Das ist ein wichtiger erster Schritt."

Konstruktives Feedback

Fehlerhafte oder unvollständige Antworten werden nicht abgewertet, sondern konstruktiv aufgegriffen und weiterentwickelt.

Beispiel: Ein Auszubildender vermutet fälschlicherweise, dass ein defekter Anlasser der Grund für flackerndes Licht sein könnte. Statt die Antwort als falsch abzutun, könnte der Ausbilder sagen: "Das ist ein interessanter Gedanke. Der Anlasser ist tatsächlich ein wichtiges elektrisches Bauteil. Überlegen wir gemeinsam: Welche Bauteile sind speziell für die Lichtanlage relevant?"

Einbeziehung aller Teilnehmer

Der Ausbilder sollte darauf achten, dass sich alle Auszubildenden am Gespräch beteiligen können und nicht immer nur die gleichen Personen zu Wort kommen.

Beispiel: "Wir haben jetzt schon einige gute Ideen gehört. Herr Müller, was würden Sie in dieser Situation tun?" oder "Frau Schmidt, haben Sie noch einen anderen Aspekt, den wir berücksichtigen sollten?"

Flexibilität

Trotz strukturierter Planung sollte der Ausbilder flexibel bleiben und auf unerwartete Wendungen im Gespräch eingehen können. Manchmal ergeben sich wertvolle Lernchancen gerade aus Fragen oder Gedanken, die vom geplanten Weg abweichen.

Beispiel: Ein Auszubildender bringt einen Aspekt ein, der erst für einen späteren Zeitpunkt geplant war. Statt diesen zu verschieben, greift der Ausbilder ihn auf: "Das ist ein sehr guter Punkt, den Sie da ansprechen. Eigentlich wollte ich darauf später eingehen, aber da Sie es erwähnen, lassen Sie uns gleich darüber sprechen."

Ein praktisches Beispiel für ein Lehrgespräch der AEVO

Thema: Kundenberatung im Elektronikfachhandel zum Kauf eines neuen Fernsehgeräts

Einstiegsphase: Ausbilder: "In unserem Geschäft kommen täglich Kunden, die sich einen neuen Fernseher kaufen möchten. Welche Erfahrungen habt ihr bisher in solchen Beratungsgesprächen gemacht?"

Auszubildender 1: "Viele Kunden sind von der Vielzahl an Modellen und Technologien überfordert."

Auszubildender 2: "Einige haben konkrete Vorstellungen, wissen aber nicht, ob diese realistisch sind."

Ausbilder: "Das sind wichtige Beobachtungen. Heute wollen wir erarbeiten, wie ein strukturiertes Beratungsgespräch ablaufen sollte, damit der Kunde zufrieden ist und wir das passende Gerät verkaufen können."

Erarbeitungsphase: Ausbilder: "Was sollten wir als erstes tun, wenn ein Kunde nach einem Fernseher fragt?"

Auszubildender 3: "Den Kunden fragen, wofür er den Fernseher hauptsächlich nutzen möchte."

Ausbilder: "Sehr gut. Warum ist diese Frage wichtig?"

Auszubildender 3: "Weil jemand, der hauptsächlich Filme schaut, andere Anforderungen hat als jemand, der viel Sport sieht oder Videospiele spielt."

Ausbilder: "Genau. Welche weiteren Informationen sollten wir vom Kunden einholen?"

Auszubildender 1: "Das Budget wäre wichtig zu wissen."

Auszubildender 2: "Und die Größe des Raumes, in dem der Fernseher stehen soll."

Ausbilder: "Sehr gut. Wie könnten wir die Raumgröße nutzen, um die passende Bildschirmdiagonale zu empfehlen?"

Auszubildender 4: "Es gibt eine Faustregel: Der Sitzabstand in Zentimetern geteilt durch 2,5 ergibt die empfohlene Bildschirmdiagonale in Zoll."

Ausbilder: "Exzellent! Nachdem wir diese grundlegenden Informationen haben, welche technischen Aspekte sollten wir dem Kunden erläutern?"

(Das Gespräch würde weiter die Themen Auflösung, Bildtechnologien, Smart-TV-Funktionen etc. behandeln, wobei der Ausbilder durch Fragen leitet und die Auszubildenden ihr Wissen einbringen.)

Sicherungsphase: Ausbilder: "Wir haben jetzt die wichtigsten Aspekte eines guten Beratungsgesprächs zum Fernseherkauf erarbeitet. Lassen Sie uns zusammenfassen: Welche Schritte sollte ein strukturiertes Beratungsgespräch beinhalten?"

(Die Auszubildenden tragen die erarbeiteten Schritte zusammen, der Ausbilder notiert sie an der Tafel.)

Ausbilder: "Sehr gut. Zum Abschluss möchte ich, dass Sie in Zweiergruppen ein kurzes Rollenspiel durchführen. Eine Person ist der Verkäufer, die andere der Kunde. Wenden Sie dabei die besprochenen Schritte an. Der Kunde hat folgendes Profil: Familie mit zwei Kindern, möchte Filme und Sportübertragungen schauen, Budget 800 Euro, Wohnzimmergröße 20 qm."

Vorteile des Lehrgesprächs der AEVO

Das Lehrgespräch als didaktische Methode bietet zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Lehrformen und ist deshalb ein wichtiger Bestandteil des methodischen Repertoires eines Ausbilders nach AEVO. Es fördert nicht nur die Vermittlung von Fachwissen, sondern trägt auch zur Entwicklung überfachlicher Kompetenzen bei. Durch den dialogischen Charakter werden die Auszubildenden aktiv in den Lernprozess einbezogen und zum eigenständigen Denken angeregt. Dies entspricht dem modernen Verständnis von Berufsbildung, das auf die Entwicklung umfassender beruflicher Handlungskompetenz abzielt.

Die wichtigsten Vorteile im Überblick

  • Aktivierung der Lernenden: Im Gegensatz zu Vorträgen oder Präsentationen werden die Auszubildenden beim Lehrgespräch zu aktiven Teilnehmern des Lernprozesses und nicht zu passiven Rezipienten von Information.
  • Anknüpfen an Vorwissen: Das Lehrgespräch ermöglicht es, gezielt an das bereits vorhandene Wissen und die Erfahrungen der Auszubildenden anzuknüpfen und darauf aufzubauen.
  • Förderung des kritischen Denkens: Durch gezielte Fragen werden die Auszubildenden zum Nachdenken, Analysieren und Hinterfragen angeregt, was ihre kognitiven Fähigkeiten schult.
  • Entwicklung kommunikativer Kompetenzen: Die Auszubildenden üben sich im präzisen Formulieren ihrer Gedanken, im aktiven Zuhören und im konstruktiven Dialog – Fähigkeiten, die in der beruflichen Praxis unverzichtbar sind.
  • Unmittelbares Feedback: Der Ausbilder erhält durch die Antworten und Reaktionen der Auszubildenden sofortiges Feedback über deren Verständnis und kann darauf reagieren.
  • Differenzierungsmöglichkeiten: Durch gezielte Fragestellungen kann der Ausbilder unterschiedliche Leistungsniveaus berücksichtigen und die Auszubildenden individuell fördern.
  • Nachhaltige Lerneffekte: Selbst erarbeitetes Wissen wird in der Regel besser verstanden und länger behalten als rein rezeptiv aufgenommene Informationen.
  • Förderung der Motivation: Die aktive Beteiligung und das Erleben von Kompetenz durch erfolgreiche Beiträge stärken die Lernmotivation der Auszubildenden.
  • Entwicklung von Problemlösekompetenz: Durch die gemeinsame Erarbeitung von Lösungsansätzen werden wichtige Strategien zur Bewältigung beruflicher Herausforderungen vermittelt.
  • Stärkung des Gruppenzusammenhalts: Der gemeinsame Dialog fördert den Austausch zwischen den Auszubildenden und stärkt das Gemeinschaftsgefühl in der Lerngruppe.

Grenzen des Lehrgesprächs der AEVO

Eine wesentliche Einschränkung des Lehrgesprächs liegt in seiner Abhängigkeit vom Vorwissen der Auszubildenden. Wenn die erforderlichen Grundkenntnisse fehlen, kann der dialogische Prozess ins Stocken geraten oder oberflächlich bleiben. In solchen Fällen führt das beharrliche Festhalten am Lehrgespräch oft zu einem "Rätselraten" statt zu echten Erkenntnisgewinnen. Der Ausbilder sollte daher realistisch einschätzen, ob die notwendigen Wissensgrundlagen vorhanden sind und gegebenenfalls zunächst andere Methoden zur Wissensvermittlung einsetzen.

Bei großen Lerngruppen kann das Lehrgespräch ebenfalls an Grenzen stoßen. Die aktive Beteiligung aller Teilnehmer wird mit zunehmender Gruppengröße schwieriger zu realisieren. Oft dominieren dann einzelne, besonders kommunikationsstarke Auszubildende das Gespräch, während sich andere zurückziehen. Dies kann zu einer ungleichen Lernbeteiligung führen und die Effektivität der Methode mindern.

Auch der Zeitfaktor stellt eine Herausforderung dar. Lehrgespräche benötigen in der Regel mehr Zeit als direktive Lehrmethoden wie der Vortrag, da der gemeinsame Erkenntnisweg über Dialog und Reflexion führt. In Situationen mit hohem Zeitdruck oder wenn größere Stoffmengen zu bewältigen sind, kann das Lehrgespräch daher weniger geeignet sein.

Komplexe oder hochabstrakte Inhalte lassen sich zudem manchmal schwer im Rahmen eines Lehrgesprächs erarbeiten. Wenn die gedanklichen Sprünge zu groß oder die Zusammenhänge zu vielschichtig sind, kann der rote Faden verloren gehen und die Auszubildenden können überfordert werden. Hier kann es sinnvoller sein, zunächst eine grundlegende Struktur durch andere Methoden zu vermitteln und das Lehrgespräch für die Vertiefung einzelner Aspekte zu nutzen.

Eine weitere Herausforderung liegt in den hohen Anforderungen, die das Lehrgespräch an den Ausbilder stellt. Es erfordert nicht nur fundiertes Fachwissen, sondern auch ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten, Flexibilität und die Kompetenz zur Gesprächsführung. Der Ausbilder muss in der Lage sein, spontan auf unterschiedliche Beiträge einzugehen, ohne das Lernziel aus den Augen zu verlieren. Nicht alle Ausbilder verfügen in gleichem Maße über diese Fähigkeiten, was die Qualität des Lehrgesprächs beeinträchtigen kann.

Schließlich kann das Lehrgespräch bei Auszubildenden mit Kommunikationsängsten oder sprachlichen Schwierigkeiten zu Stress und Blockaden führen. Die Erwartung, sich vor der Gruppe äußern zu müssen, kann für manche eine erhebliche Hürde darstellen und den Lernprozess eher behindern als fördern. Hier ist ein sensibles Vorgehen des Ausbilders gefragt, um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen und alternative Beteiligungsmöglichkeiten anzubieten.

Einsatzbereiche des Lehrgesprächs der AEVO

Das Lehrgespräch als didaktische Methode findet in verschiedenen Bereichen der beruflichen Bildung Anwendung und ist besonders dort wertvoll, wo es um das Verständnis von Zusammenhängen, die Entwicklung von Problemlösungsstrategien oder die Reflexion beruflicher Handlungen geht.

In der theoretischen Ausbildung eignet sich das Lehrgespräch hervorragend zur Erarbeitung neuer Themen, die an bereits vorhandenes Wissen anknüpfen. Ein Ausbilder im kaufmännischen Bereich könnte beispielsweise die Grundlagen der Kalkulation im Dialogverfahren entwickeln, indem er an das alltagsmathematische Verständnis der Auszubildenden anknüpft und sie Schritt für Schritt zu den spezifischen Berechnungsmethoden führt. Das gemeinsame Durchdenken und Verstehen der logischen Zusammenhänge fördert dabei das tiefere Verständnis der Materie.

Besonders wertvoll ist das Lehrgespräch bei der Verbindung von Theorie und Praxis. Nach praktischen Übungen oder Arbeitsphasen kann es dazu dienen, das Erlebte zu reflektieren und theoretisch zu durchdringen. Ein Ausbilder in der Gastronomie könnte nach der Zubereitung eines Gerichts durch ein gezieltes Lehrgespräch die chemischen und physikalischen Prozesse erarbeiten lassen, die beim Kochen stattfinden. Durch Fragen wie "Was habt ihr beobachtet, als das Eiweiß erhitzt wurde?" oder "Warum ist es wichtig, die Temperatur beim Schmelzen von Schokolade genau zu kontrollieren?" werden praktische Erfahrungen mit theoretischem Wissen verknüpft.

Im Bereich der Fehleranalyse und Qualitätssicherung ist das Lehrgespräch ebenfalls ein wertvolles Instrument. Treten in der Ausbildung Fehler auf, kann der Ausbilder durch gezielte Fragen die Auszubildenden dazu anleiten, die Ursachen selbst zu erkennen und Lösungen zu entwickeln. Statt einfach zu korrigieren, fragt er: "Was könnte der Grund für diese Abweichung sein?" oder "Wie könnten wir diesen Fehler in Zukunft vermeiden?" Dies fördert nicht nur das Verständnis, sondern auch die Fähigkeit zur selbstständigen Problemlösung.

Auch bei der Vorbereitung auf neue Arbeitsaufgaben kann das Lehrgespräch sinnvoll eingesetzt werden. Der Ausbilder kann durch Fragen wie "Welche Schritte sind bei dieser Aufgabe zu beachten?" oder "Welche möglichen Schwierigkeiten könnten auftreten?" die Auszubildenden dazu anregen, die Aufgabe gedanklich zu durchdringen und einen strukturierten Arbeitsplan zu entwickeln. Dies schult die vorausschauende Planung und das systematische Denken.

In der Teamarbeit und bei sozialen Lernprozessen bietet das Lehrgespräch die Möglichkeit, Gruppenarbeit oder Konfliktsituationen gemeinsam zu reflektieren. Fragen wie "Wie haben Sie die Zusammenarbeit erlebt?" oder "Welche alternativen Lösungsansätze hätte es gegeben?" regen zur Reflexion des eigenen Verhaltens und zur Entwicklung sozialer Kompetenzen an.

Im Bereich der Kundenkommunikation und Beratung ist das Lehrgespräch besonders wertvoll, um komplexe Kommunikationssituationen zu analysieren und Strategien zu entwickeln. Ein Ausbilder im Einzelhandel könnte anhand von Fallbeispielen oder Rollenspielen mit seinen Auszubildenden erarbeiten, wie man auf unterschiedliche Kundentypen eingeht oder mit Beschwerden umgeht. Durch Fragen wie "Wie würden Sie auf diesen Einwand reagieren?" oder "Welche Bedürfnisse könnte dieser Kunde haben?" werden kommunikative Kompetenzen entwickelt.

In der Prüfungsvorbereitung kann das Lehrgespräch dazu dienen, Wissen zu aktivieren, Zusammenhänge herzustellen und Verständnislücken zu identifizieren. Der Ausbilder kann durch gezielte Fragen prüfungsrelevante Themen wiederholen und vertiefen, ohne in einen reinen Abfragemodus zu verfallen. Dies fördert nicht nur das Wissen, sondern auch die Fähigkeit, dieses Wissen strukturiert und verständlich darzustellen – eine wichtige Kompetenz für mündliche Prüfungssituationen.

Schließlich eignet sich das Lehrgespräch hervorragend für Feedback- und Entwicklungsgespräche. Der Ausbilder kann durch Fragen wie "Wie schätzen Sie Ihre eigene Leistung ein?" oder "Welche Entwicklungsziele sehen Sie für sich?" die Auszubildenden zur Selbstreflexion anregen und gemeinsam mit ihnen realistische Entwicklungsperspektiven erarbeiten. Dies fördert die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung und die Übernahme von Verantwortung für den eigenen Lernprozess.

Das Lehrgespräch in der AEVO-Prüfung (AdA-Schein)

Das Lehrgespräch kann in der AEVO-Prüfung zum Erwerb des AdA-Scheins einen entscheidenden Vorteil darstellen. Besonders in der praktischen Prüfungskomponente, bei der eine Ausbildungssituation demonstriert werden muss, zeigt diese Methode die didaktischen Kompetenzen der angehenden Ausbilder. Durch die geschickte Anwendung des Lehrgesprächs demonstrieren Prüflinge ihre Fähigkeit, komplexe Fachinhalte verständlich zu vermitteln und gleichzeitig die Auszubildenden aktiv in den Lernprozess einzubinden. Im Gegensatz zu reinen Vorträgen können Prüfer so erkennen, dass der Prüfling in der Lage ist, auf das Vorwissen der Lernenden einzugehen, ihre Gedankengänge zu lenken und gleichzeitig flexibel auf Verständnisprobleme zu reagieren.

Die systematische Fragetechnik, ein Kernmerkmal des Lehrgesprächs, ermöglicht es zudem, innerhalb der begrenzten Prüfungszeit effizient vom Bekannten zum Unbekannten voranzuschreiten und dabei die Denkprozesse der Lernenden sichtbar zu machen. Prüfer bewerten besonders positiv, wenn Prüflinge die verschiedenen Fragearten – von der einfachen Wissensfrage bis zur komplexen Transferfrage – situationsgerecht einsetzen und so die Handlungskompetenz der Auszubildenden fördern. Darüber hinaus bietet das Lehrgespräch die Möglichkeit, die im AEVO-Rahmenstoffplan geforderte Methodenkompetenz unter Beweis zu stellen und gleichzeitig die eigene Sozialkompetenz durch wertschätzende Kommunikation und konstruktives Feedback zu demonstrieren.

Wer das Lehrgespräch in der Prüfung souverän einsetzt, zeigt damit nicht nur fachliche und methodische Sicherheit, sondern auch ein grundlegendes Verständnis für moderne, lernzentrierte Ausbildungskonzepte – ein entscheidender Faktor für das Bestehen der AEVO-Prüfung und des AdA-Scheins.

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Kombination mit anderen Lehrmethoden

Das Lehrgespräch der AEVO entfaltet seine volle Wirksamkeit oft erst in der intelligenten Kombination mit anderen didaktischen Methoden. Eine solche methodische Vielfalt ermöglicht es, die jeweiligen Stärken verschiedener Ansätze zu nutzen und ihre Schwächen auszugleichen. Zudem werden durch den Methodenwechsel unterschiedliche Lerntypen angesprochen und Motivation und Aufmerksamkeit der Auszubildenden gefördert. Im Sinne einer kompetenzorientierten Ausbildung ist die Verknüpfung verschiedener Methoden besonders wertvoll, da sie unterschiedliche Aspekte beruflicher Handlungskompetenz fördert.

Mögliche Kombinationen

  • Lehrgespräch und Vortrag: Das Lehrgespräch kann einen kurzen Impulsvortrag vertiefen und das Verständnis sichern. Umgekehrt kann nach einem erarbeitenden Lehrgespräch ein systematisierender Vortrag folgen, der die Ergebnisse strukturiert zusammenfasst.
  • Lehrgespräch und Demonstrationen: Praktische Vorführungen können durch ein begleitendes oder nachfolgendes Lehrgespräch ergänzt werden, um das Gesehene zu reflektieren und zu vertiefen. Fragen wie "Warum wurde dieser Handgriff so ausgeführt?" oder "Welche Alternative hätte es gegeben?" fördern das Verständnis.
  • Lehrgespräch und Fallstudie: Eine Fallstudie kann durch ein Lehrgespräch eingeleitet werden, um das notwendige Vorwissen zu aktivieren. Nach der Bearbeitung dient das Lehrgespräch zur Reflexion und zum Transfer auf ähnliche Situationen.
  • Lehrgespräch und Gruppenarbeit: Nach einer Phase der Gruppenarbeit kann ein Lehrgespräch zur Sicherung und Vertiefung der Ergebnisse genutzt werden. Es hilft, die verschiedenen Gruppenergebnisse zu integrieren und Bezüge herzustellen.
  • Lehrgespräch und Vier-Stufen-Methode: In der Vier-Stufen-Methode (Vorbereiten, Vormachen, Nachmachen, Üben) kann das Lehrgespräch insbesondere in der Vorbereitungsphase eingesetzt werden, um relevantes Vorwissen zu aktivieren und Interesse zu wecken.
  • Lehrgespräch und Lernaufgaben: Ein Lehrgespräch kann zur Einführung in eine komplexe Lernaufgabe dienen oder nach deren Bearbeitung zur Reflexion genutzt werden. Es hilft, die in der Lernaufgabe gewonnenen Erkenntnisse zu systematisieren und zu transferieren.
  • Lehrgespräch und Medien: Der Einsatz von Filmen, Bildern oder Schaubildern kann durch ein Lehrgespräch vor- und nachbereitet werden. Die Medien dienen dann als visuelle Impulse für den dialogischen Lernprozess.
  • Lehrgespräch und Rollenspiel: Ein Rollenspiel kann durch ein vorbereitendes Lehrgespräch eingeleitet werden, um notwendiges Wissen zu aktivieren und Beobachtungsaufträge zu formulieren. Nach dem Rollenspiel dient das Lehrgespräch zur Reflexion und Auswertung.
  • Lehrgespräch und Lerntagebuch: Die Erkenntnisse aus einem Lehrgespräch können in einem Lerntagebuch individuell vertieft und reflektiert werden. Die persönlichen Notizen dienen dann als Ausgangspunkt für weitere Lehrgespräche.
  • Lehrgespräch und Projektarbeit: In verschiedenen Phasen eines Projekts kann das Lehrgespräch zur Planung, Zwischenreflexion oder Auswertung eingesetzt werden. Es hilft, den Projektprozess bewusst zu gestalten und aus Erfahrungen zu lernen.

Fazit

Das Lehrgespräch ist eine zentrale didaktische Methode innerhalb der Ausbildereignungsverordnung (AEVO), die den Dialog zwischen Ausbilder und Auszubildendem in den Mittelpunkt stellt. Als Brücke zwischen Frontalunterricht und selbstständigem Lernen ermöglicht diese Methode eine aktive Beteiligung der Lernenden am Erkenntnisprozess. Durch gezielte Fragen und Impulse führt der Ausbilder die Auszubildenden schrittweise zu neuen Erkenntnissen, wobei vorhandenes Wissen aktiviert und mit neuen Inhalten verknüpft wird.

Die Stärke des Lehrgesprächs der AEVO liegt in seiner Dynamik und Anpassungsfähigkeit. Es fördert kritisches Denken, verbessert die Kommunikationsfähigkeit und ermöglicht dem Ausbilder, Verständnislücken unmittelbar zu erkennen und zu adressieren. Besonders wertvoll ist die Methode für komplexe Themen, die eine schrittweise Heranführung erfordern.

Für eine erfolgreiche Umsetzung sind eine sorgfältige Vorbereitung, eine klare Strukturierung der Fragen und ein wertschätzendes Gesprächsklima entscheidend. Der Ausbilder muss dabei die Balance zwischen Führung und Freiraum für eigene Gedankengänge finden. Regelmäßige Reflexion und Feedback helfen, die Qualität des Lehrgesprächs kontinuierlich zu verbessern.

In der modernen Berufsausbildung behält das Lehrgespräch trotz digitaler Lernmethoden seinen festen Platz, da es den persönlichen Austausch und die direkte Rückmeldung ermöglicht, die für nachhaltige Lernprozesse unerlässlich sind. Als Teil eines vielfältigen Methodenrepertoires trägt es maßgeblich zur Handlungskompetenz der zukünftigen Fachkräfte bei.

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